Cadaqués: eine lange Geschichte kurzgefasst

Cadaqués: eine lange Geschichte kurzgefasst

Cadaqués ist etwas Besonderes, anders als andere Orte an der Costa Brava – und ein Grund dafür ist seine Lage „am Ende der Welt“. Heute führt eine schmale, kurvenreiche Strasse nach Cadaqués. Bis noch vor wenigen Jahrzehnten war es ein nur ein Weg, den man bestenfalls mit Ochsen- oder Pferdekarren befahren konnte. Der einfachere Weg war übers Meer – und so war Cadaqés trotz seiner Abgeschiedenheit nicht abgeschnitten von der Welt. Sarden, Etrusker, Phönizier, Griechen und Römer legten Zwischenstopps ein in dem kleinen Dorf gleich hinter dem stürmischen Cap de Creus auf ihrem Weg zu den Handelsorte der südlichen Costa Brava. Und sicherlich konnten die Cadaquésencer einiges lernen von den Gästen von der anderen Seite des Mittelmeers. Bis vor wenigen Jahrzehnten lebten die meisten Bewohner der Halbinsel Cap de Creus vom Fischfang und dem, was sie auf den kargen Böden anbauen konnten: Wein und Oliven.

Piraten und Korsaren

Allerdings kamen nicht nur neue Einflüsse und Techniken übers Meer nach Cadaqués, sondern auch Feuer und Verwüstung. Frühe Dokumente belegen, das der Ort immer wieder von Piraten angegriffen wurde. Während die Cadaquésencer dank ihrer abgeschiedenen Lage von Land aus praktisch nicht angegriffen werden konnten, mussten sie sich gegen Überfälle vom Meer immer wieder verteidigen.

Und anders als andere Orte an der Costa Brava, musste sich das abgelegene Cadaqués alleine gegen die Überfälle der türkischen, sardischen und nordafrikanischen Piraten verteidigen. Die Cadaquésenquer bauten eine Stadtmauer und eine Verteidigungsanlage, das Baluard, in dem heute das Bürgermeisteramt untergebracht ist.

Genützt hat es ihnen nicht allzu viel. Immer wieder wurde der Ort ausgeraubt und niedergebrannt. Ein Dokument des Stadtarchivs berichtet von einem Überfall von 22 maurischen Galeeren, die Cadaqués praktisch vollständig dem Erdboden gleich machten.

Berühmt oder besser berüchtigt war der türkische Pirat Barbarossa (Rotbart), der zusätzlich zu den meisten Häusern auch noch die Kirche von Cadaqués nieder brannte.

Allerdings lag es nicht in der Natur der Cadaquésencer, sich den Angriffen der Piraten widerstandslos auszuliefern. Die Männer des Dorfes führen ihnen in ihren bescheidenen Booten entgegen, und versuchten, die Angriffe abzuwehren. Auch wenn ihnen das nicht immer gelang, erwarben sie sich einen Ruf als gute und wagemutige Seeleute.

Oliven, Wein und Fisch

Heute lebt der größte Teil der Einwohner von Cadaqués direkt oder indirekt von Tourismus. Bevor die ersten Touristen um die Jahrhundertwende (19. – 20. Jahrhundert) ins Dorf kamen, arbeiteten die Menschen in den Bergen oder auf dem Meer: Oliven Weinanbau und die Fischerei waren die Haupteinnahmequellen. Man musste hart arbeiten, um den kargen Böden um das Dorf genügend Wein oder Öl abzuringen, um die Familie über das Jahr zu bringen.

Die Fischerei

Neben dem Olivenanbau war die Fischerei der zweite wichtige Wirtschaftszweig in Cadaqués. Damit sich die Fischer nicht gegenseitig in die Quere kamen, handelten sie unter einander eine Fischereiordung aus, die die Gewässer um den Ort in verschiedene Zonen unterteilte. Wem welche Zone zufiel, wurde ausgewürfelt – man traf sich dazu jährlich in der Cala Jugadora, was übersetzt Bucht des Spiels heisst.

Die Fischer bildeten ein Kollektiv und halfen sich untereinander. Neben dem frischen Fisch, der von den Frauen der Fischer jeden Tag an die Bewohner des Ortes verkauft wurde, war Cadaqués auch bekannt für seine Fischkonserven. Es gab sowohl Betriebe für die Herstellung von Anschovis-Konserven als auch Thunfisch-Konserven. Viele Frauen des Ortes fanden hier Arbeit, und bsi heute kann man in vielen Läden des Ortes Anchoas de Cadaqués kaufen.

Ausserdem gab es kleine Betriebe, die Olivenöl abfüllten, Brühwürfel, Essig oder Seife herstellten. Aber das Leben in Cadaqués war auch im 19.Jahrhundert immer noch sehr hart, die Cadaquésenquer arbeiteten von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang, und verdienten nicht viel mehr, als sie zum Überleben brauchten.

Los Indianos

Um der Enge und den schwierigen Verhältnissen zu entfliehen, suchten sich nicht wenige Cadaquésencer ein Schiff und überquerten den Atlantik. Sie emigrierten nach Kuba, Haiti, Argentinien, Uruguay, Mexiko und New York. In Cadaqués wurden sie die Indianos genannt, und einige kamen zurück, erfolgreich und mit viel Geld und konnten sich schöne Häuser bauen in der alten Heimat.

Damit die Auswanderer den Kontakt nach Cadaqués nicht verloren, wurde extra eine Zeitschrift gegründet, Sol i Xent, mit der Nachrichten aus Cadaqués über den Atlantik gelangten.

Die Touristen kommen

Mitte des 20. Jahrhunderts kamen immer mehr Sommergäste nach Cadaqués. Zuerst waren es wohlhabende Familien aus Barcelona, die sich eine Sommerresidenz zulegten, dann kam der internationale Tourismus. Das Dorf wuchs und die allermeisten Cadaquésencer gaben die Arbeit in den Olivenhainen und in der Fischerei auf. Sie eröffneten ein Hotel oder ein Restaurant, verkauften Postkarten oder boten Bootstouren ans Cap de Creus an. Endlich gab es auch für die Leute aus Cadaqués die Möglichkeit, gutes Geld zu verdienen.

Inzwischen gehört Cadaqués zu den am meisten besuchten Zielen in Spanien und landet regelmässig unter den ersten Plätzen bei Rankings der schönsten Dörfer Spaniens. Und die Saison dauert schon lange nicht mehr nur zwei oder drei Monate, fast das ganze Jahr über kommen Touristen über die kurvige Strasse ans Cap de Creus. Nur im November und im Februar, wenn der eisige Tramontana durch die Gassen pfeift und die Fenster der Ferienresidenzen dunkel bleiben, kann man noch erahnen, wie das Cadaqués vor 150 Jahren ausgesehen haben mag.

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